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Hintergrundinformation
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz 2021

Am 21. Dezember 2016 hat die Bundesregierung den nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) beschlossen, um gemeinsam mit Unternehmen einen Beitrag dazu zu leisten, die weltweite Menschenrechtslage zu verbessern. Um die Umsetzung der darin bestimmten Vorgaben zu gewährleisten, wurde am 22. Juli 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Bundesgesetzblatt verkündet.

VERPFLICHTEND

AB 2023

Worum geht es und was wird sich ändern?


Das Gesetz verpflichtet unter den Anwendungsbereich fallende Unternehmen dazu, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten.
Bis zur Einführung des LkSG wurde bei der Umsetzung von staatlichen Sorgfaltspflichten vor allem auf die Verantwortung der Unternehmen gesetzt. Da eine repräsentative Unternehmensbefragung im Jahre 2020 zeigte, dass nur ungefähr jedes 5. Unternehmen den Vorgaben aus dem NAP auch ausreichend nachkam, musste der Gesetzgeber tätig werden, um die Umsetzung der Vorgaben für die Unternehmen zwingend zu machen.
Konkret werden diese dazu verpflichtet, eine Risikoanalyse über die eigene Lieferkette durchzuführen, präventive Schutzmaßnahmen zu ergreifen und ein Beschwerdeverfahren einzurichten oder zur Verfügung zu stellen, über das auf Risiken sowie auf tatsächliche oder potentielle Verletzungen hingewiesen werden kann. Über die Erfüllung dieser Pflichten ist ein jährlicher Bericht bei der zuständigen Behörde einzureichen.

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Persönlicher Anwendungsbereich


Verpflichtet werden ab dem Januar 2023 alle Unternehmen, die ihre Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder satzungsmäßigen Sitz in Deutschland haben, mit 3000 oder mehr Beschäftigten im Inland bzw. ab 2024 mit 1000 Beschäftigten.
Das Beschwerdeverfahren soll dabei allen zur Verfügung stehen, die unmittelbar betroffen sind oder Kenntnis von tatsächlichen oder möglichen Verletzungen sowie Risiken erlangt haben.

Sachlicher Anwendungsbereich


Zur Lieferkette gehört dabei der eigene Geschäftsbereich, das Handeln der Vertragspartner sowie das Handeln weiterer - auch mittelbarer - Zulieferer.  
Erfasst sind sämtliche Verstöße gegen Menschenrechte in der Lieferkette, wie unter anderem Kinderarbeit, Sklaverei, Diskriminierung, Missachtung der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und zu niedrige Löhne.
Erfasst sind zudem sämtliche Verletzungen von Umweltbelangen, die auch die Sicherheit von Menschen betreffen, wie unter anderem die Vergiftung von Wasser, das Verwenden von Quecksilber oder anderer persistenter organischer Schadstoffe oder die Entsorgung bzw. den grenzüberschreitenden Transport von gefährlichen Abfällen.
Sanktioniert werden auch Verstöße gegen rein umweltbezogene Pflichten.

Wahrnehmung der Sorgfaltspflichten


Zur Wahrnehmung der Pflichten müssen Unternehmen ein angemessenes Risikomanagement verankern. Zu diesem zwecke müssen entsprechende Verantwortlichkeiten im Unternehmen verteilt werden, z.B. durch Ernennung eines Menschenrechtsbeauftragten.
Zur Identifikation von Risiken hat das Unternehmen eine Risikoanalyse durchzuführen.
Werden Risiken identifiziert, so gilt es geeignete präventive Maßnahmen zu treffen. Dazu gehören unter anderem die Schulung der Mitarbeiter, die Vereinbarung vertraglicher Menschenrechtsklauseln mit den Zulieferern und die Implementierung von Beschaffungs- und Einkaufsstrategien, die eventuelle Risiken minimieren. Zudem ist zu prüfen, ob die Zulieferer ihrerseits in ihrer Lieferkette vorhandene Risiken angemessen adressieren.  
Bei Vorliegen von Anhaltspunkten über eine Verletzung der Menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflichten bei mittelbaren Zulieferern, sind entsprechende Präventionsmaßnahmen wie die Durchführung von Kontrollen und die Unterstützung bei der Vermeidung von Risiken und der Durchsetzung von Maßnahmen zu ergreifen.
Ferner ist die Wirksamkeit der Maßnahmen anlassbezogen – mindestens aber einmal im Jahr – zu überprüfen. Ein Anlass ist zum Beispiel, wenn durch Änderungen im eigenen Geschäftsbereich oder in dem der Zulieferer anzunehmen ist, dass eine veränderte oder erweiterte Risikolage besteht. Falls erforderlich sind die Maßnahmen entsprechend zu aktualisieren.

Genaueres zur Risikoanalyse


Um ein Ordnungsgemäßes Risikomanagement zu ermöglichen, hat sich das Unternehmen um Transparenz in der eigenen Lieferkette zu bemühen. Dies umfasst die Identifizierung aller Bereiche im eigenen Geschäftsbereich sowie in dem der unmittelbaren Zulieferer, die besonders hohe menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken bergen. Für mittelbare Zulieferer ist dann eine Risikoanalyse durchzuführen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht möglich erscheinen lassen.
Eine Risikoanalyse muss anlassbezogen – mindestens aber einmal im Jahr – durchgeführt werden. Ein Anlass ist zum Beispiel, wenn durch Änderungen im eigenen Geschäftsbereich oder in dem der Zulieferer anzunehmen ist, dass eine veränderte oder erweiterte Risikolage besteht. Die Dauer der Risikoanalyse richtet sich nach Art und Größe des Unternehmens, Maßnahmen die sich nach der Risikoanalyse als notwendig darstellen sind aber unverzüglich zu ergreifen.

Abgabe einer Grundsatzerklärung nach § 6 Abs. 2 LkSG


Wird im Rahmen einer Risikoanalyse ein Risiko festgestellt, muss die Unternehmensleitung nach § 6 Abs. 2 LkSG eine Grundsatzerklärung über die Menschenrechts- und/oder Umweltstrategie abgeben. Diese muss mindestens enthalten: 

  • Die Beschreibung des Verfahrens, mit dem das Unternehmen seinen Pflichten nach § 4 Absatz 1, § 5 Absatz 1, § 6 Absatz 3 bis 5, sowie den §§ 7 bis 10 nachkommt,

  • die im Rahmen der Risikoanalyse festgestellten prioritären menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken und

  • die Erwartungen, die das Unternehmen auf Grundlage der erkannten Risiken an seine Beschäftigten und Zulieferer in der Lieferkette stellt.

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Beschwerdeverfahren nach § 8 LkSG


Unternehmen die unter den Anwendungsbereich fallen, sind nach § 8 LkSG verpflichtet dafür zu sorgen, dass ein angemessenes Beschwerdeverfahren nach § 8 Abs. 2-4 eingerichtet ist, über das Beschwerden in menschenrechtlichen und umweltbezogenen Belangen abgegeben werden können. Zweck dieses Beschwerdeverfahrens ist es, ein Frühwarnsystem für Verstöße darzustellen. Dabei genügt es auch, wenn ein externer Beschwerdekanal zur Verfügung gestellt wird.

Klare und verständliche Informationen zur Erreichbarkeit, Zuständigkeit und Durchführung des Verfahrens müssen öffentlich zugänglich gemacht werden, um sicherzustellen, dass jeder die Möglichkeit hat, auf das Beschwerdeverfahren zuzugreifen. Zu diesem Zwecke ist eine Verfahrensordnung in Schriftform öffentlich zugänglich zu machen.


Um den Schutz der Hinweisgeber zu gewährleisten, muss es nach § 8 Abs. 4 LkSG möglich sein, Hinweise auch anonym abzugeben. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen zu ergreifen, um Hinweisgeber vor potentiellen Nachteilen oder Strafen zu schützen, die aufgrund der Beschwerde drohen. Durch die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers wird zudem sichergestellt, dass das Unternehmen unabhängig von der Identität des Hinweisgebers agiert.


Wird ein Hinweis über einen solchen Beschwerdekanal abgegeben, ist das Unternehmen nach § 8 Abs. 1 LkSG dazu verpflichtet, den Hinweisgeber über den Eingang des Hinweises zu benachrichtigen.
Zudem muss nach § 8 Abs. 3 LkSG mindestens eine zur Verschwiegenheit verpflichtete Person vom Unternehmen damit betraut werden, den Sachverhalt in Zusammenarbeit mit dem Hinweisgeber zu erörtern. Dabei ist stehts zu gewährleisten, dass die betraute Person unparteiisch und weisungsunabhängig agiert.


Um die Funktionalität des Beschwerdemechanismus zu gewährleisten, müssen Unternehmen nach § 8 Abs. 5 LkSG anlassbezogen – mindestens aber einmal im Jahr – das Beschwerdeverfahren überprüfen, wenn durch Änderungen im eigenen Geschäftsbereich oder in dem der Zulieferer anzunehmen ist, dass eine veränderte oder erweiterte Risikolage besteht.

Berichterstattung des Unternehmens


Unternehmen sind nach § 10 Abs. 1 LkSG dazu verpflichtet, die Erfüllung der Sorgfaltspflichten fortlaufend zu dokumentieren. Dazu ist jährlich ein Bericht über das vergangene Geschäftsjahr zu erstellen und spätestens vier Monate nach Schluss des Geschäftsjahres auf der Webseite des Unternehmens für einen Zeitraum von sieben Jahren kostenfrei öffentlich zugänglich zu machen. Zusätzlich muss dieser über einen von der zuständigen Behörde bereitgestellten Zugang elektronisch eingereicht werden.

 

Dieser Bericht muss mindestens enthalten:

  • Ob und welche Risiken das Unternehmen im Rahmen der Risikoanalyse identifiziert hat,

  • welche Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Risiken getroffen wurden,

  • wie das Unternehmen die Auswirkungen bzw. die Wirksamkeit der Maßnahmen bewertet und

  • welche Schlussfolgerungen diese Bewertung für die Durchführung zukünftiger Maßnahmen mit sich zieht.  


Sollten keine Risiken identifiziert worden sein, ist dies plausibel darzulegen.

Folgen bei Verstößen gegen die Pflichten aus dem LkSG


Bei Verstößen gegen die Pflichten aus dem LkSG drohen den Unternehmen Bußgelder von bis zu 8 Millionen Euro bzw. 2% des Jahresumsatzes bei Unternehmen mit über 400 Millionen Euro Jahresumsatz. 
Zudem können Unternehmen je nach Höhe des Bußgeldes bis zu drei Jahren von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Mit der behördlichen Kontrolle und Durchsetzung ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle betraut.

Auswirkung für kleine Unternehmen


Auch wenn Unternehmen mit unter 1000 Beschäftigten im Inland nicht unter den Anwendungsbereich des LkSG fallen, können diese zumindest mittelbar zur Einhaltung gewisser vorgaben angehalten sein, wenn sie als Teil der Lieferkette eines Unternehmens auftreten, das durch das LkSG verpflichtet wird.

Umsetzungsfrist


Für Unternehmen mit mindestens 3000 Mitarbeitern im Inland gilt das Gesetz ab dem 01.01.2023. 
Für Unternehmen ab 1000 Beschäftigten gilt das Gesetz ab dem 01.01.2024. 

Internationaler Kontext


Bereits am 23. Februar 2022 hat die europäische Kommission einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen zur nachhaltigen Unternehmensführung vorgelegt. Es ist also zu erwarten, dass die Regelungen des LkSG zukünftig durch Unionsrecht gefestigt bzw. erweitert werden.

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